Unzählige Male, wenn ich mich mit unterschiedlichen Menschen unterhalten habe, die zum ersten Mal mit mir ins Gespräch gekommen sind, hörte ich die Worte:
"Ich bin sehr offen und auch tolerant. Ich habe nichts gegen Menschen, die anders sind. Jeder soll so leben wie er mag."
So oder so ähnlich klingt das erstmal ganz vernünftig. Trotzdem bekomme ich jedesmal in meinem Inneren eine kleine Krise und aufkommende Aggression.
Warum denn das! Ist doch alles gut, oder? NEIN, ist es nicht! Oftmals völlig unbewusst wird das Wort "Toleranz" verwendet. Und das geht im Zusammenhang mit anderen Einzelpersonen gar nicht, auch wenn es vielleicht dem Aussprechenden gar nicht bewusst ist.
Toleranz bedeutet so viel wie dulden, ertragen und gelten lassen. Und damit eine klare Abgrenzung für die Menschen, die anders sind. Es hat etwas überhebliches und arrogantes an sich. Es signalisiert in meinen Augen die Dominanz der Heteronormativität und die notwendige Duldung anderer Lebensformen.
Ich lege dann im Gespräch sehr viel Wert darauf, hinzuweisen, dass bestimmt das Wort "Akzeptanz" gemeint ist. Akzeptanz bedeutet so viel wie Gutheißen, Annehmen und Anerkennen. Und wenn das gemeint wäre, würde ich mich sehr freuen. Wenn es tatsächlich nur Toleranz ist, empfinde ich es schon als diskriminierend und als versuchte höfliche Floskel.
Die meisten Gesprächspartner*innen verstehen meinen Hinweis direkt. In der Regel meinten sie auch Akzeptanz. Die Bedeutung war ihnen gar nicht so klar.
Toleranz ist wichtig und notwendig, wenn es um abstraktere Themen wie andere Kulturen, Religionen etc. geht. Aber wenn konkrete Personen gemeint sind, passt das Wort "Akzeptanz" viel besser!
Daher bitte, wenn irgendeiner meiner Lesenden einem Menschen mit einer anderen Lebensform begegnet, akzeptiert dies und toleriert es nicht. Damit ist allen geholfen.